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Baum der Erkenntnis

„Es pflanzte der Ewige, Gott, einen Garten in Eden nach Morgen hin und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Und es ließ aufsprossen der Ewige, Gott, aus dem Erdboden alle Bäume lieblich zum Ansehen und mit Früchten gut zum Essen. in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse....
Und es nahm der Ewige, Gott, den Menschen, und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.
Dann gebot der Ewige, Gott, dem Menschen:
Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sollst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterblich.“
Das alte Testament.

Wir alle kennen den Text, aber was „bedeutet“ er?


Für die meisten Menschen ist er in seiner Bedeutung so banal, dass er aus der Bildzeitung stammen könnte:
„Gott hat dem ersten Ehepaar namens Adam und Eva einen Garten verpachtet. Im Pachtvertrag stand, dass sie ihn zu pflegen hätten, und ihnen dafür die Früchte zustanden. Von der Pacht ausgenommen waren 2 Bäume in der Mitte des Gartens, einmal der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und zum anderen der Baum des Lebens. Es war verboten vom Baum der Erkenntnis zu essen. Als Sanktionen für eine Übertretung waren bleibende Bewusstseinsveränderungen und eine genetische Veränderung vorgesehen.“
Nun, wir alle kennen den Ausgang und haben, wenn wir uns diese Deutung zu eigen machen, noch immer darunter zu leiden.
Aber möglicherweise hatten die Menschen, die den Text geschrieben und über Jahrtausende bewahrt haben, eine völlig andere inhaltliche Vorstellung und er bedeutet bis in unsere Tage hinein ein Mysterium, also eine geheimnisvolle Erzählung eines mit dem Verstand kaum ergründbaren Geschehens. Wir wollen trotzdem einen Verständnisversuch unternehmen.
Fangen wir einmal mit zeitlichen Abläufen an:
Wie kann man sich eine Zeit vorstellen, in der der Ewige, Gott, einen Garten Eden schafft? ... Und wie kann man sich einen Menschen vorstellen, der noch keine Erkenntnis von Gut und Böse hat?
Es war in einer Zeit, in der große Teile der Erde noch flüssig feurig war,in der unvorstellbare Kräfte aus dem Inneren die Oberfläche veränderten. Gebirge falteten sich, spitze Gipfel und steile Hänge entstanden, wenn riesige Schollen sich unter- und übereinandertürmten. Vulkane spien Magmamassen auf die Oberfläche. Wüste, chaotische Zustände herrschten in großen Teilen unserer Erde. Aber es gab auch Gegenden mit ausgeglichenem Klima. Hier war Ruhe eingekehrt, es hatte sich eine stabile Kruste gebildet und es gab keine vulkanischen Ausbrüche. Dort konnten sich Pflanzen und Bäume entwickeln. Auch die Tierwelt war schon in einem fortgeschritteneren Stadium als in anderen Teilen der Erde. Insekten, frühe Reptilien und Amphibien fanden eine für sie günstige Umwelt. Die Tiere hatten schon festerwerdende physische Körper und nährten sich vorwiegend von der Pflanzenwelt, die zu dieser Zeit vorhanden war. Die Menschen dagegen hatten noch keine sich verfestigende, Körper. Materiell, substanziell waren sie kaum vorhanden. „Die Wolke des Herrn umhüllte ihn stets“, heißt es in einer jüdischen Sage von Adam, oder an anderer Stelle: „Und Adam lustwandelte im Garten wie der Engel Gottes einer.“ Die Menschen vermehrten sich eingeschlechtlich, es gab zwar schon eine gewisse Trennung der Geschlechter, die war aber mehr mentaler als physischer Natur, da ja der physische Leib sowieso kaum ausgebildet war. Diese Menschen nahmen natürlich noch keine festen Stoffe zu sich. Licht war ihre Nahrung und vielleicht Feuchtigkeit aus der Umgebung. Aber sie beobachteten, wie die Echsen (Reptilien) von den Bäumen fraßen. Eine natürliche Scheu hielt die Menschen, die in einer schöpferischen, göttlichen Welt lebten, davor zurück, diese festen Speisen, die sich im Laufe der Zeit zu immer leckereren Früchten entwickelten, zu kosten. Eines Tages jedoch nahmen einige von den weiblichen Menschen, die weiter entwickelt waren als ihre männlichen Genossen, Früchte von einem Baum aus dem Zentrum des Landes zu sich. Damit setzte eine Verleiblichung der Menschen ein, da auch die anderen diese Nahrung kosteten. Der Mensch verband sich mehr und mehr mit der Erde, nahm die Nahrung zu sich, die ihm von der ihn umgebenden Pflanzenwelt geboten wurde. Er entwickelte Stoffwechselprozesse in seinem fester und fester werdenden Leib. Die Echsen haben ihm den Weg in die Verhärtung gezeigt, darum steht auch im alten Testament:
Da sprach der Ewige, Gott, zum Reptil (die Schlange in der heutigen Form gab es noch nicht):
weil du das getan hast, bist du verflucht
unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes.
Auf dem Bauch sollst du kriechen
und Staub fressen alle Tage deines Lebens.
Aus den Reptilien in biblischen Zeiten sind die Saurier geworden, die ausstarben und die Schlangen, die wir kennen.
Lebensaufbauende und absterbende Prozesse vollzogen sich in den Körpern der Menschen. Diese Prozesse wurden den Menschen nach und nach bewusst, und sie entdeckten ihre Sterblichkeit. Der Mensch begann auch Dinge und Vorgänge zu erkennen, die gut oder schlecht für ihn waren oder für die Gemeinschaft, in der er lebte. Er hatte von Baum der Erkenntnis gegessen und wusste nun von Gut und Böse. Er erkannte die Zweigeschlechtlichkeit seiner Gattung und fand sich plötzlich nackt. Der Zwei-fel zog ein, Zwie-spalt, Zwie-tracht entstand, die Menschen ent-zweiten sich, Ver-zweigungen wurden möglich,Ur-teile gefällt.
Der Mensch war herausgefallen aus der Einheit des göttlichen Seins. Um dem Preis der Sterblichkeit war ihm die Zwei gegeben worden. Der Genuss der Frucht des Baumes der Erkenntnis, den Gott sicher aus guten Gründen in die Mitte des Gartens gesetzt hatte, hat die Entwicklung des Menschen in eine neue Richtung gelenkt. Das Gute und das Böse ist durch den Menschen in die Welt gekommen und befindet sich bis in unsere Gegenwart in einer dynamischen Entwicklung.
Sich nicht mehr im Zusammenhang mit dem göttlichen Einssein befindend, ist der Mensch frei geworden, Gutes oder Böses zu tun. Er hat tatsächlich ein wenig eigenständiges Gottsein zu sich genommen.
Das Herausfallen der Menschen aus der göttlichen Einheit in die körperliche Erdhaftigkeit, in die Zweiheit der Gegensätzlichkeiten ist nur zu verstehen, wenn man den Vorgang in langen Zeiträumen denkt. Dann aber fühlt man ein tiefes Verständnis für den biblischen Text, wenn z.B. das Reptil (die Schlange) zur Frau spricht:
... „Ihr werdet nicht des Todes sterben, sondern Gott weiß, dass euch die Augen aufgehen werden, sobald ihr davon (der Frucht des Baumes der Erkenntnis) esst.
Ihr werdet sein wie Gott und erkennen Gut und Böse.“
Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum schön anzusehen war und dazu verlockte, eigenmächtig zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.

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