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Ich - Das Rätsel der Individualität

Der Mensch ist der Kreuzungspunkt zweier Welten. Bezeugt wird das durch die Gespaltenheit des menschlichen Selbstbewusstseins, wie sie durch seine ganze Geschichte hindurchgeht. Der Mensch empfindet sich als zu zwei Welten gehörig, seine Natur spaltet sich, und in seinem Bewusstsein ist bald die eine, bald die andere Natur sieghaft. Und mit gleicher Kraft begründet der Mensch die einander entgegengesetztesten Selbstbewusstheiten, in gleichem Maße rechtfertigt er sie mit Tatsachen seiner Natur. Der Mensch erkennt seine Erhabenheit und Macht, und seine Nichtigkeit und Schwäche, seine königliche Freiheit und seine sklavische Abhängigkeit, er erkennt sich als Ebenbild Gottes und als Tropfen im Meer der Naturnotwendigkeiten. Fast mit gleichem Recht kann man von dem göttlichen Ursprung des Menschen reden und von seiner Abstammung von niedersten Formen des organischen Lebens der Natur.

«Ich» ist eine Fiktion, bei der wir bestenfalls Miturheber sind. (Kertesz)

Ich ist ein anderer. (Rimbaud)

... denn ich bin es, den ich darstelle (Montaigne)

«Wer sieht durch uns?» Denn wir müssen so denken, das heißt auch leben, als sähe einer - nicht uns, nicht mit unseren Augen, sondern durch unser Leben. (Kertesz)

Verstehen wir je, was wir denken? (Jung)

Die Erinnerungen sind wie verwahrloste herrenlose Hunde, sie umringen und starren einen an, sie hecheln und heulen zum Mond, du möchtest sie verscheuchen, aber sie weichen nicht, gierig lecken sie deine Hand, und hast du sie im Rücken, beißen sie zu ... (Kertesz)

Wer ich sagt, schafft unvermeidlich einen Abstand. Jede Eigenheit impliziert Einsamkeit. (Mommaers)

Das Ich des Menschen ist ein zweischneidiges Schwert; es ist die Ursache, dass der Mensch sich in sich selbst verhärtet, und zugleich die Anlage zur Freiheit, zum Göttlichen im Menschen. (Steiner)

Was Erde sei,
erfahre ich nicht,
wenn ich selbst Erde bin ... (Meister)

Man weiß nicht, was man ist.
Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß;
Ein Ding und nit ein Ding, ein Stüpfchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

So zeigt sich der Augenblick, der wie ein Blitz in den Kern des «Ich» einschlägt, als zwei Ströme, die gegeneinander schnellen, wie zwei Winde, die gegeneinander wehen und sich durchdringen. [Vergangenheit und Zukunft] (Andrej Belyj)

Und ich werde ihm einen weißen Stein geben
in den ein neuer Name eingeschrieben ist,
den niemand kennt außer dem, der ihn empfängt. (Offenbarung 2,17)

 

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Nikolaj Berdiajew, Der Sinn des Schaffens, Seite 55, Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen 1927

 

 

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