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Reinhild Bunk

Der Bildhauer Bernd F. K. Bunk - aus der Nähe betrachtet

Berlin - Oktober 1963 - der Termin für das Eröffnungskonzert in der noch unfertigen Philharmonie rückt heran. In Tag- und Nachschicht arbeiten die Handwerker, inbesondere die Elektriker, die am Bau immer die Letzten sind. Viele hundert Lampen müssen montiert und angeschlossen werden. Unter den Elektrikern findet man auch den 25-jährigen Dipl. Ing. Bernd F. K. Bunk, der gerade dabei ist, sich dem Studium der Bildhauerei zuzuwenden.
Es herrscht ein Chaos der Arbeit, in dem doch zielgerichtet jeder seiner Tätigkeit nachgeht. Im großen Saal werden bereits Hörproben mit Orchestermusikern durchgeführt, um die Akustikplatten zu positionieren; der Bildhauer Bernhard Heiliger überwacht die Aufstellung seiner Skulpturen und legt letzte Hand daran; Architekten laufen aufgeregt umher; Teppichbodenleger schimpfen über dauernde Störungen.
Als Herbert von Karajan bei der Generalprobe den Taktstock zur 9. Sinfonie von Beethoven erhebt, sind alle Handwerker, die zum Gelingen dieses großartigen Gebäudes beigetragen haben, im Saal versammelt. Stress und Anstrengungen sind vergessen. Technik und Kunst begegnen sich an diesem Tag. Und hier schließt sich ein Kreis:
«Technik im Dienst der Kunst - Kunst im Dienst des Menschen - Menschen im Dienst der Technik.»
Diese Episode aus seiner Berliner Zeit ist eine Parabel für den Lebensweg dieses Künstlers.
Denn das Leben des Bildhauers Bernd F .K. Bunk ist auf dem ersten Blick nicht die Vita eines erfolgreichen Künstlers, jedoch die eines konsequent künstlerisch Schaffenden. Unterschiedliche Arbeitsinhalte bestimmen verschiedene Etappen seines Lebens. Neben unmittelbarer bildhauerischer Tätigkeit wie der Komplex «Poetische Skulptur» sind auch solche wie das Gesamtkunstwerk «Segelndes Schiff» oder sein Pionierprojekt «Getrennte Müllsammlung und Verwertung» schöpferische Leistungen. Dadurch ist er auch kaum einer Kunstrichtung zuzurechnen.
Postmoderne Unschärfe oder Gaghaftigkeit waren ihm von Anfang an ein Greuel. An seinen Lebensthemen arbeitet er „bildhauerisch“, dabei interessiert ihn nicht, ob etwas für die „Kunstwelt“ Verwertbares herauskommt oder nicht. Ihm geht es um die Lösung der gesteckten oder zugeführten Aufgabe.

Kindheit und Jugend

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges, 1937, wird er in Berlin geboren und wächst dort auf. Nach den ersten noch behüteten Jahren zerreißt der Krieg, der nun auch die deutschen Zivilisten erreicht, das bürgerliche Leben. Immer öfter müssen die Bewohner bei nächtlichen Bombenangriffen in die Keller fliehen. Beim Heulen der Sirenen stolpern die Erwachsenen mit Koffern und Taschen, in denen sich die wichtigsten Habseligkeiten befinden, in die Keller; desgleichen voller Stolz der kleine Bernd mit seinem neuen Lackköfferchen. In nächster Nähe stürzen die Häuser zusammen, Druckwellen durchziehen die Keller ... steht über einem das eigene Haus noch?
Die Kinder finden sich am ehesten in der Lage zurecht. Trümmergrundstücke sind ideale Spielgelände. Schatzsuche als Kinderspiel ist hier real. Briefmarken aus Sammlungen fliegen überall herum; Bücher, Haushaltsgegenstände aus den Ruinen sind die Spielzeuge, die sie finden und die es dazu noch gratis gibt.
Not prägt die Nachkriegsjahre in der Großstadt. Die Mutter kann als Verkäuferin kaum die Existenz für die kleine Familie sichern. Der Vater ist in Jugoslawien in den letzten Kriegstagen erschossen worden. Viele Kinder - so auch Bernd Bunk - streunen als sogenannte „Schlüsselkinder“ auf den Straßen umher. In den zerstörten Kaufhäusern wird nach genießbaren Lebensmitteln gesucht. Die Jungen springen auf vorüberfahrende Kohlefuhrwerke, werfen einige Briketts auf die Straße, die sie anschließend schnell aufsammeln, bevor sie ein Anderer holt. Damit werden die kalten Wohnungen im Winter ab und zu wenigstens etwas erwärmt. Der Luxus „Schule“ findet in diesen Jahren zunächst nicht statt. Als sich die Verhältnisse langsam wieder beruhigen, ist an geregeltem Unterricht noch lange nicht zu denken. Die einsatzfähigen Frauen müssen die wichtigeren Trümmerbeseitigungs- und Aufbauarbeiten leisten. Die Männer, die den Krieg überlebt haben, sind größtenteils in Kriegsgefangenschaft. Die Schule wird zu einem ungeliebten Aufbewahrungsort für viele Kinder. Später, als das bürgerliche Leben in Berlin wieder seinen Einzug hält, ist der Gymnasiast Bunk nicht mehr so recht sozialisierbar. Die kreative Zeit auf der Straße, der ungehinderte Gestaltungswille, der sich dort entwickeln konnte, steht zu sehr im Widerspruch zu den Lehrplänen, ... „denen man ebenso notdürftig die braune Farbe abgewaschen hat wie den Lehrkräften, die schon während der Kriegszeit aus Altersgründen oder Invalidität den Dienst als Studienrat ausübten und nach dem Kriege die neue demokratische Schule aufbauen sollen“. So relegiert man kurzerhand den ungeliebten Schüler, dessen Mutter mit dem Vorhaben der Lehrerschaft sehr einverstanden ist. Es erscheint ihr ohnehin vernünftiger, ihren Sohn in einen Beruf zu stecken, der eigenen Verdienst mit sich bringt, als ihn lange „die Schulbank drücken“ zu lassen, zumal dafür noch Schulgeld zu zahlen ist.

Lehr- und Wanderjahre

Anfang der 50-iger Jahre ist es sehr schwierig eine Lehrstelle zu finden. Die Wirtschaftswunderzeit hat noch nicht begonnen. So ist der Eintritt in das Berufsleben für junge Menschen mit vielen Frustrationen verbunden. Bewerbungen werden abgelehnt; Berufsberater auf dem Arbeitsamt vermitteln, soweit vorhanden, einfache Handlangerstellen an Jugendliche mit schlechten Zeugnissen. Bernd Bunk landet in einer Auffangklasse der Berufsschule. In dieser Klasse kommen die schwer vermittelbaren Jugendlichen zusammen, die hier ihre ersten kriminellen Erfahrungen austauschen. Aus dieser entmutigenden Lage befreit ihn ein Auswahltest, in dem er durch besondere handwerkliche Geschicklichkeit auffällt. Er erhält daraufhin eine Lehrstelle bei IBM Deutschland. Hier wird er von 1953 - 1957 gründlich und qualifiziert zum Feinmechaniker ausgebildet. Ein Beruf, den es in 20 Jahren kaum noch geben wird. Die Elektronik löst dann die Mechanik ab.
In dieser Zeit wird dem Lehrling klar, dass ihm nicht nur die Ausbildung seiner praktischen Fähigkeiten Spaß macht, sondern dass er auch großes Interesse an theoretischen Erkenntnissen hat. So verbringt er seine Feierabende in einer Abendschule und findet sich bald bei einem Studium der Regeltechnik wieder. In dieser Zeit anstrengenden, intellektuellen Lernens hält er sich wöchentlich ein paar Stunden frei, um aus einer künstlerischen Tätigkeit Kraft zu schöpfen. Er beginnt Plastizierübungen und eine Schulung des ästhetischen Wahrnehmens bei dem Berliner Bildhauer Christian Theunert. Dieser Bildhauer wird ihm zum Wegweiser in der Erkenntnis, dass Kunst als wesentliches Element zum Leben eines Menschen gehört, der sich nicht in Einseitigkeiten verlieren will. Der Gedanke, die Kunst berufsmäßig auszuüben, liegt gemäß seiner Ausbildung und familiären Prägung jenseits des Vorstellbaren. Nach dem Abschluss des Studiums erkennt er, dass seine praktische Ausbildung als Computerfachmann - als Geselle bei IBM, und einer Zusatzausbildung bei IBM-Schottland -, dazu das theoretische Wissen des Diplomingenieurs ihm eine Karriere nahelegt, in der es um Automatisierung von Produktionsabläufen geht. Die Freisetzung von Arbeitsplätzen in Werkstätten und Produktionshallen wäre die Folge. Erfahrungen seines bisherigen Lebens...Arbeitslosigkeit, Existenzängste und eine daraus folgende soziale Isolierung würden durch seine berufliche Tätigkeit auf breiter Ebene vervielfältigt. Er fühlt, dass mit seinem erarbeiteten technischen und naturwissenschaftlichen Wissen, diese ihn bedrängende Problematik nicht angegangen werden kann und beschließt, noch ein paar Semester Philosophie an der Sorbonne, Paris, zu studieren.Ein Stipendium ist ihm dabei behilflich.
Im Anschluss daran unternimmt er mit seiner späteren Frau Reinhild Schöbel eine ausgedehnte Reise nach Südfrankreich, wo die beiden zunächst in der Weinernte arbeiten, und von dort weiter nach Spanien und Marokko aufbrechen.
1962 - nach Berlin zurückgekehrt - heiraten die Beiden und streben die Gründung einer bürgerlichen Existenz an. Bernd Bunk beginnt bei der Firma Askania eine Tätigkeit als Diplomingenieur.
Im 2. Weltkrieg war diese Firma in die Entwicklung der Raketensteuerungen involviert. So wie nach dem Abwurf der amerikanischen Atombomben und dem Ende des Krieges die Erkenntnisse der Atomspaltung für die „friedliche Nutzung der Atomenergie“ weitergetrieben wurden, so wird die Technik der Raketensteuerung für die Steuerung und Automatisierung von Fertigungsanlagen in „friedlicher“ Weise weiterentwickelt. Diese Arbeit stellt ihn nun mitten in die oben angedeutete Problematik - der Freisetzung von Arbeitsplätzen - hinein. Wieder fragt er sich, ob er nicht einer „sozialfeindlichen“ Beschäftigung nachgeht, wenn nicht zugleich an einem Ausgleich gearbeitet wird. Und er greift zum zweiten Mal zu seinem persönlichen Heilmittel - der Kunst.
Er erhält von Askania die Möglichkeit einer unbezahlten Freistellung zu Fortbildungsvorlesungen an der Technischen Universität. Diese freie Zeit benutzt er jedoch hauptsächlich, um in einem Nebengebäude der Technischen Universität, der Hochschule für bildende Künste, Akt zu zeichnen und die Bewerbungsmappe zur Aufnahmeprüfung an der Abteilung „Freie Kunst / Bildhauerei“ anzufertigen. Als er dann die Prüfung zur Aufnahme an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste Berlin bestanden hat und die Kündigung bei Askania vollzogen war, ist das Entsetzen der Familie groß, nur bei seiner Frau findet er Unterstützung.
Während des folgenden Studiums der Bildhauerei an der Hochschule erkennt er, dass es seine Aufgabe ist, Kunst und Technik zu verbinden. Er ist Schüler des Cloppenburger Professors Paul Dierkes, einem gelernten Steinmetz, der ihn in die Geheimnisse der Steinbearbeitung einführt. Nach dessen Tod geht Bunk in die Klasse von Kenneth Armitage (GB), der zu dieser Zeit eine Gastprofessur in Berlin innehat. Danach wird er Meisterschüler von Shinkichi Tajiri (USA, NL). Schon während des Studiums nimmt Bunk an bedeutenden Sammelausstellungen in Deutschland teil.
Während des Kunststudiums - von 1964 bis 1970 erkennt er, dass die Kunst die Rolle, die sie in der Gesellschaft eigentlich einnehmen müsste, auch nicht ansatzweise ausfüllt: „Wenn die Technik sich nur in sich selbst weiterentwickelt, dann wird sie eines Tages den Menschen und seine natürlichen Grundlagen zerstören. Sie wird, wenn der Mensch keine anderen Ziele als den technischen Fortschritt ins Auge fasst, ihn sozusagen auf der Erde überflüssig machen.
Nur die Kunst, bei deren technischer Ausführung umweltzerstörende Faktoren weitgehend ausschaltet sind, kann zu dauerhafter Arbeit in unserer Gesellschaft führen. Unser börsengeführtes Ertragssystem muss in diesem Falle natürlich grundlegend verändert werden“.
Dieses Gefühl, überflüssig zu sein - ein nutzloses Glied der Gesellschaft sozusagen - ist für viele Arbeitslose in unseren Tagen bereits bittere Realität.
Bunk zitiert bei Diskussionen zu diesem Thema manchmal den russischen Philosophen und Mystiker Nikolay Berdiajew, der den Stellenwert schöpferischen Arbeitens für den Einzelnen und für die Gesellschaft schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte:
„Und jeder schöpferische Akt ist seines Wesens nach ein Schaffen aus dem Nichts, d. h. das Erschaffen einer neuen Kraft, nicht aber eine Umwandlung und Umordnung der alten. In jedem schöpferischen Akt ist absoluter Gewinn, ist Zuwachs enthalten. Die Geschöpflichkeit des Seins, der sich in ihm vollziehende Zuwachs, der erreichte Gewinn ohne jeden Verlust weisen auf den Schaffenden und auf das Schöpfertum hin.“
Bernd Bunk erkennt in dieser Zeit, dass die Abhängigkeit unserer Wirtschaft vom Außenwachstum zum Verhängnis führen wird.
Überzeugt, dass eine Veränderung der Gesellschaft durch die Verwandlung unseres spätkapitalistischen Systems möglich ist, beteiligt er sich intensiv an den 68-iger Studentenunruhen.
Als Abschluss seiner Wanderjahre nimmt er ein Jahresstipendium des British Council an, das ihn für ein Jahr nach London führt. wo er unter Anderem als Mitglied der postgraduierten Klasse von Anthony Caro (GB) an der St. Martins School of Art arbeitet.

Abschied vom Großstadtleben

Die großstädtischen, kulturellen Möglichkeiten von Berlin, Paris und London sieht Bunk 1970 als ausgeschöpft und die Studentenrevolte in einen Zustand geraten, der es schwer macht, für ideelle Ziele zu kämpfen. Die ideellen Ansätze für eine Veränderung der Gesellschaft gehen nicht mehr in die praktische Umsetzung, sondern verfestigen sich zu Ideologien. Die Studenten haben sich in verschiedene radikalpolitische Organisationen gruppiert und bekämpfen weniger das System als vielmehr sich gegenseitig.
Das in dieser Zeit von der DDR ummauerte Westberlin ist für naturliebende Menschen, wie die beiden Bunks, zu denen sich 1963 Sohn Stefan Friedrich gesellt, ein bedrückender Ort geworden. Lebte die Familie anfangs in einer ländlichen Umgebung - in Berlin-Marienfelde - so verwandeln sich dort die Gärten und Felder in Wohnblocks und Wellblechhallen. Die Kühe, die die Milch für den kleinen Stefan geben, müssen ihr Leben im Stall fristen, da die Weiden zugebaut sind.
Reinhild Bunk, die mittlerweile ihr Pädagogikstudium abgeschlossen hat, erfährt eines Tages, dass auf der Nordseeinsel Juist eine Stelle als Französischlehrerin frei wird. Auch wenn die Existenzgrundlage als Bildhauer damit hinfällig wird, denn auf der tideabhängigen Nordseeinsel Juist isoliert man sich als Künstler vollständig, wird die Gelegenheit ergriffen, um in der Weite der Nordsee ein neues, völlig anderes Dasein zu erproben. ...Und diese Probe verläuft erfolgreich: Die Insel bietet nun für 30 Jahre die Lebenswelt der Familie.
Die Bildhauerei wird für Bernd Bunk vorübergehend zum Hobby. Er beschäftigt sich intensiv mit seiner neuen Umgebung, wird Vogelzähler, Strandläufer und Inselpolitiker. In den ersten Jahren nimmt er noch an Ausstellungen teil, lässt das dann aber fallen. Das neue Leben inmitten der Naturgewalten fasziniert und vereinnahmt ihn völlig.
Mehr und mehr beschäftigt er sich auch mit kunsttheoretischen, theologischen, exegetischen, natur- und geisteswissenschaftlichen Themen. Das zurückgezogene Leben auf der Insel ermöglicht dies. Viele Probleme des Inselschutzes und des Umweltschutzes werden von Bunk frühzeitig erkannt und vielfältig angegangen. Zum Beispiel schafft er sich eine publizistische Plattform durch die Herausgabe eines Jahrbuches für die Nordseeinsel Juist „Der Seehund“. Eine Zeitschrift, die als Kurgastorgan um die Wende zum 20. Jahrhundert gegründet wurde, wird von ihm wiederbelebt. Er schreibt darin viele Artikel, die auf Grund ihrer radikalökologischen Ansätze Anstoß erregen und ihm nicht nur Freunde unter den Insulanern schaffen. Ökologische und ästhetische Aspekte werden zu Arbeitsschwerpunkten und führen zur Gründung des Otto Leege Instituts.
Als Kommunalpolitiker wird er auch mit den verwaltenden Aufgaben der Gemeinde konfrontiert. So muss er sich Gedanken über den Juister Müll machen. Der gesamte anfallende Abfall, und das ist im Sommer bei den vielen tausend Kurgästen eine beträchtliche Menge, wird auf einer Kippe im Watt deponiert. Bei den im Herbst einsetzenden Sturmfluten trägt sich die Deponie zwar wieder ab, der Müll aber wird von Sturm und Wasser ins Meer transportiert und landet zum Teil an den Badestränden der Inseln und des Festlandes. Als die Zustände unerträglich werden - das Müllvolumen nimmt jährlich zu - soll der gesamte, vermischte Abfall aufs Festland verschifft werden. Bunk entwickelt daraufhin - 1978 als Pionier (laut Bundesumweltamt Berlin) - das Modell „Mülltrennung und –Verwertung“ und führt den ersten erfolgreichen Großversuch in der BRD auf Juist durch. Das Projekt wird vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert, von der Juister Bevölkerung unterstützt, die spätere dauerhafte Verwirklichung vom Landkreis Aurich jedoch nicht gewünscht und damit vorerst verhindert.
Heute, 25 Jahre später, ist Mülltrennung eine Selbstverständlichkeit in Deutschland!

Ein maritimes künstlerisches Großprojekt

Nach den mehr kontemplativen Jahren macht sich das Bedürfnis nach praktischer Tätigkeit wieder verstärkt bemerkbar. Bildhauerei kann nur in einem bescheidenen Maße durchgeführt werden, da die Anmietung eines Ateliers auf der Insel extrem teuer ist. Alles vorhandene Bauvolumen wird für den Kurgast als Ferienwohnung eingerichtet.
Die Elemente, Technik, Kunst - und nun auch verstärkt - Natur treten bei einem neuen Projekt des Künstlers in einer völlig anderen Perspektive vor ihn hin.
Nach 10 Jahren Leben auf einer vom Meer umspülten Insel kommt man unwillkürlich mit Schiffen in Berührung. Zuerst möchte man nur ein kleines Boot, um ein wenig mitschaukeln zu können, aber ein Mensch wie Bunk bleibt da nicht stehen. Als der Inselversorger „Fortuna“ zum Verkauf angeboten wird, weil der Eigner und Kapitän in Rente geht, greift er zu. Der heruntergekommene Frachter soll wieder zum Segelschiff zurückgebaut werden. Das Schiff war original 1909 als motorloses Segelschiff gebaut worden.
So beginnt 1981 eine neue Epoche im Leben des Bildhauers. Ein funktionstüchtiges, schönes Segelschiff zu schaffen, ist die Aufgabe, die sich zunächst einmal stellt.
Wer das Schiff damals sah, fragte verwundert und skeptisch: „Was will der Bunk aus dem Schrottdampfer machen? ...Und, will er damit etwa noch einmal fahren?“
Die nicht gegebene, aber konsequent verfolgte Antwort: „Ein Gesamtkunstwerk daraus zu gestalten“, hätte nur verständnisloses Kopfschütteln erzeugt. Nach mehreren Jahren harter Arbeit ist die „Fortuna“ (40 m ü.a.) ein funktionstüchtiger, nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgebauter, schmucker Zweimaster geworden, dessen Bestimmung sich nun auch zeigt: Sie wird zum Erlebnisschiff für viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei ihren Segeltörns vom Ärmelkanal bis Schweden und Russland. Zum Kapitän muss sich der einstige Großstädter Bunk „zwischendurch mal eben“ qualifizieren.


Die Fortuna auf einem Segeltörn in der Ostsee. Ziel ist Riga, Lettland


Letztlich ist auch mit dem Gesamtkunstwerk „Segelndes Schiff“, das er mit seinem inzwischen herangewachsenen Sohn Stefan Friedrich gemeinsam betreibt, eine Synthese aus Technik, Kunst und Naturerleben gelungen, abgesehen von der pädagogischen und sozialen Bedeutung der Gruppenfahrten. Stefan Friedrich Bunk wird seine vielfältigen „Erfahrungen“, die er in dieser Zeit sammeln konnte, in einer Examensarbeit in Fachrichtung Kunst zur Lehramtsbefähigung aufarbeiten.
Nach insgesamt 12 Jahren erlebnisreicher, aber auch anstrengender Segelschiffahrt, in der Doppelfunktion als Kapitän und Organisator von Gruppenfahrten wird diese Lebensphase durch den Verkauf des Schiffes beendet. Ein Schritt, der für Bernd Bunk mit einer inneren Krise verbunden ist.
Aber nach der Besinnung auf seinen eigentlichen Beruf als Bildhauer und dem Beginn eines neuen Projektes stabilisiert sich sein Zustand wieder.
Ein ganz anderes Kapitel, wo es gilt, sich wieder gründlich in eine neue, höchst komplexe Materie einzuarbeiten, eröffnet sich ihm mit 56 Jahren:

Rückkehr aufs Festland und in die Welt der Kunst

Durch den geplanten Umzug auf das Festland wird der Bau eines Hauses notwendig.
Auf seine gründliche Art beginnt Bunk mit der Planung eines eigenen Hauses auf einem unberührten Waldstück südlich von Oldenburg. Er studiert Energie- und Dämmsysteme, macht sich mit dem Markt der Baustoffe vertraut und entwirft das Haus mit dem langersehnten eigenen Atelier. Bauästhetische Gesichtspunkte werden geprüft und die individuellen Bedürfnisse der Familie definiert. Die auf dem Grundstück gefällten Kiefern werden für die Fassade genutzt. Es soll ein dem Waldmilieu angespasstes Gehöft entstehen. Allerdings kann er als Krebsgeborener nicht auf Wasser verzichten. So beschafft sich der Bildhauer 20 t Ton aus einer benachbarten Tongrube und formt im geologischen Dünensand der Hunte einen mit Ton gedichteten Ökoteich, der für die Enkel Linda und Lara zum begehrten Bade-und Schwimmteich wird.
Dieses „Himmelsauge“ bringt Licht in das Waldgrundstück und ist notfalls ein ausreichender Löschteich.
Da das Grundstück keinen Anschluss an die Kanalisation hat, jedoch im Wassereinzugsgebiet liegt, ist eine besondere Klärung der Abwasser notwendig. Diese wird erreicht durch das übliche Dreikammerklärsystem mit nachgeschaltetem Klärbeet. Danach wird das Wasser zur Belebung und nachhaltiger Qualitätsverbesserung über eine Flowformkaskade geführt. Für diese Anlage erhält Bunk 2002 einen Umweltpreis. Weitere Experimente in diesem Bereich sind geplant. Auch das Wohnprojekt läßt sich als beispielhaft bezeichnen, da hier versucht wird, menschliches Leben in eine natürliche Umgebung zu integrieren, und mit einem Minimum an ökologischer Veränderung und weitgehender Autonomie von Energie- und Wasserzentralisation (Der eigene Brunnen gibt das Trinkwasser und das Holz der Umgebung die Wärme) auszukommen.

Die neue Skulptur


Der Bildhauer beim fertigstellen einer Skulptur in einer Maschinenfabrikhalle

Durch die veränderte Wohnsituation begünstigt, beginnt Bunk seine Skulpturen in die Landschaft des Waldes und des Teiches einzufügen, um ihre Wirkung auf die Umgebung zu erkennen und zu optimieren. Ganz neue Skulpturenformen entstehen. Zum Beispiel bietet der Teich die Möglichkeit der Spiegelung. So entsteht „Zwischen Wasser und Himmel“, eine Skulptur, die sich erst am Wasser unter Einbezug des Himmels im Spiegeln vollendet. Während die Skulpturen früherer Jahre einen Innenraum umschließen, also Volumen bilden, gleichzeitig jedoch einen Gegenraum nach außen schaffen, der mit der Umgebung kommuniziert, als Ganzes aber in Ruhe sind, so tragen die neuen Formen souverän ihre Kraft und Dynamik in die Umgebung hinaus. Von skulpturaler Komplexität verwandeln sie sich zu größerer Einfachheit und Stärke. Immer halten die Fähigkeiten, die sich Bunk im Laufe seines Lebens erwarb Einzug in Form und Inhalt seiner Skulpturen. Absolute Beherrschung der technischen Mittel zur Herstellung der Edelstahlskulpturen, sicheres ästhetisches Empfinden, Aufnahme der landschaftlichen Besonderheiten aus der Umgebung und die Einbeziehung des Betrachters als sozialer Komponente sind Kriterien seiner Kunst.

                 
Bunk arbeitet an der Skulptur "Ich-das Rätsel der Individualität                                                                             


In seinem 64. Lebensjahr stellt der Künstler 2001 zum ersten Mal in seinem Leben im Ausland eine Skulptur aus. Die Jury der Internationalen Sculpture Biennale von Toyamura (Japan), »Microcosm in your Hands«, wählt die Skulptur „Dreiheit - Trinity“ zur Teilnahme an der Ausstellung aus.
Von jetzt ab beteiligt sich Bunk in jedem Jahr an einem öffentlichen Kunstereignis.

2002 am Metallbildhauer Symposium Marsberg, «Kunst in der Natur».

2003 an der 9. Kunstausstellung «Natur - Mensch» im Nationalpark Harz, St. Andreasberg, wo die „Vogelmetamorphose“ mit dem 3. Preis ausgezeichnet wird.

2004 zeigt er zum ersten Mal den gesamten Schaffenskomplex «Poetische Skulptur» im Botanischen Garten Oldenburg.
Wieder zeigt er seine Werke in natürlicher Umgebung, unter freien Himmel und wie immer hält er sich abseits von urbanem Milieu und der musealen Kunstszene.

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Zitat, Bernd F. K. Bunk

Zitat, Bernd F. K. Bunk

Nikolay Berdiajew, russischer Schriftsteller und Mystiker, 1874-1948 in „Der Sinn des Schaffens“, Seite 132, erschienen bei J: C: B. Mohr, Tübingen, 1927

Katalogbeitrag: Was heißt »Poetische Skulptur« und wie ist sie einzuordnen?

 

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