Weite -Expanse

Als Käpitän eines Großseglers hat der Autor unzählige Male im Hafen die Leinen loswerfen lassen und ist zielgerichtet auf das offene Meer hinausgefahren. Als dann die Segel gesetzt wurden und Wind und Wasser die Aktivitäten auf dem Schiff zu bestimmen begannen, rückte das Ziel in weite Ferne bis zur Bedeutungslosigkeit.
Die endlose Weite des Meeres begann das Bewusstsein zu füllen und auszuweiten. Der umgekehrte Vorgang stellte sich ein, wenn man sich dem anzusteuernden Hafen näherte. Nach dem Bergen der Segel im letzten freien Wasser kam das Gefühl auf, dass die Seele - wie in einem Trichter - immer mehr eingeengt wurde.

Diese Bewußtseinszustände der Seele in eine Skulptur zu gießen, war lange Zeit eine schier unlösbare Aufgabe, bis sie eines Tages mit der „Weite - Expanse“ bewältigt worden war.
Später ist dem Autor dann aufgefallen, dass bei Arbeiten auf geistigem Gebiet ähnliche Geschehnisse ablaufen. Man geht an ein Projekt mit einer bestimmten Aufgabenstellung und einem Ziel heran. Dann im Laufe der Arbeit weitet sich das Aufgabengebiet so stark aus, dass das Ziel verloren zu gehen scheint. Die am Rande liegenden Themen sind ebenfalls so interessant und bearbeitenswert, dass es schwerfällt, das Gebiet zu begrenzen, so wie es schwerfällt bei gutem Wind und Wetter, den Kurs so zu verändern, dass das Ziel direkt angesteuert wird. Wenn bei der geistigen Arbeit das Ziel dann streng ins Auge genommen werden muss, werden die vielen interessanten Gedankengänge und Exkursionen abgebrochen. Sich mehr und mehr einengend nähert man sich dem Hafen des Projektes.

Suchst du dich selbst,
So suche draußen in der Welt;
Suchst du die Welt,
So suche in dir selbst.

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Rudolf Steiner, Wahrspruchworte, Seite 107, Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz, 1981